Samstag, 8. Juni 2013

Tag 53. Dienstag. 21.5. Anhalter auf dem Bergpass von Ouarzazate nach Marrakesh

Es ist schon nach 12 Uhr als ich im Auto aufwache. Die letzten Nächte waren kurz. War für meinen Körper wohl an der Zeit mal wieder Schlaf nachzuholen. Marrakesh Express und eine saubere Dusche. Dann setze ich mich ins Restaurant des Campingplatzes, vielleicht ist das Wifi heute ja stabiler. So viele Eindrücke der letzten Tage, die festzuhalten sind. Die Besitzer scheinen immer noch zu streiten. Dafür fliesst ordentlich Wein. Ich bin der einzige Gast. Zu Essen gibt es nichts und auch das Wifi funktioniert nicht. Dennoch bleibe ich lange sitzen, ordne und sichere meine Fotos. Als ich zahlen will erfahre ich von einem Freund des Besitzers, der inzwischen aufgetaucht ist, dass sich die Besitzer so eben getrennt haben. Sie ist davon, und deshalb hat er Mittags schon zwei Flaschen Wein intuss. Also nimmt sein Freund mein Geld entgegen. Ich mache mich auf den Weg Richtung Marrakesh. Es geht schon bald über einen Bergpass. Die Aussicht ist mal wieder himmlich. Aber es ist windig und hat nur 15 Grad. Nach den Temperaturen in der Wüste scheint mir das saukalt. Das Bild ist geprägt von roter, dann wieder sandfarbener Erde. Mal kahl, dann wieder übersäht von diesen vielen kleinen Grasbüscheln, die aber kein bisschen an der trockenen Umgebung ändern. Noch eine Kurve und dann ist plötzlich im Tal alles saftig grün, überall wie Reisterrassen. Hier setzen sich auch die sonst gut getarnten roten Lehmhäuser deutlicher von ihrer Umgebung ab. Ich nehme einen alten Mann mit, der am Straßenrand winkt. Mein erster männlicher Hitchhiker. Er trägt einen großen mit wunderbar duftenden Gräsern für Tee, wie ich später lernen soll. Und ich kann einfach nicht an ihm vorbeifahren, während er sich den Berg hochquält. Ich nehme ihn nur ein kurzes Stück mit und wir können uns kaum verständigen, aber ich äußerst dankbar und küsst mir zum Abschied sogar die Hand und bevor er aussteigt erlaubt er mir noch ein Foto von ihm zu machen. Wie schade, dass ich nicht wenigsten mehr Französisch kann. Der Pass erreicht eine Höhe von über 2200 Meter. Ich halte an einem Restaurant und genehmige mir einen Tee. Wie auch schon an den anderen Orten der Reise ist hier eben gerade nicht Saison und ich bin der einzige Gast. Ein Verkäufer aus einem Souvenirshop neben an leistet mir Gesellschaft und es kommt zu einem netten Gespräch. Unter anderem erfahre ich, dass ich beim Kauf einer Teekanne auf das Gewicht achten soll. Je schwerer umso langlebiger und besser. Und ohne Verzierungen. Aber auch, dass Marokkaner, die aus der Stadt kommen, durchaus auch Bergsteigen gehen. Ganz im Gegensatz zu Menschen vom Land. Beflügelt von dem hinreissenden ersten Mitfahrer, dem guten Gespräch beim Tee und der schönen Berglandschaft nehme ich kurz nach meiner Teepause einen nächsten Anhalter mit. Ein hübscher junger Mann, der leider auch kein Wort Englisch spricht. 2 km weit will er mitfahren und ich nehme ihn mit. Obwohl er kein Wort Englisch spricht ist er sehr bemüht ins Gespräch zu kommen. Ich erfahre, dass sein Bruder verheiratet ist, er jedoch nicht. Dass er ein kleines Geschäft hat und dass er Barcelona Fan ist. Noch bevor wir in seinem Ort ankommen lädt er mich ein, in seinem Geschäft einen Tee zu trinken. Sein Bruder würde für uns Tee machen und ich willige ein. Also parke ich meinen Land Rover an der Straße gegenüber von seinem Geschäft. Er zeigt mir die vielleicht wenn überhaupt zwei Quadratmeter große Küche mit einer Gasflasche. Von dortaus gelangt man ins Geschäft. Das Geschäft hat vielleicht vier Quadratmeter. Gegenüber dem Ausgang in die Küche ist eine Theke über die verkauft wird. Die restlichen Wände sind komplett mit Regalen verbaut. Auf diesem vier Quadratmetern gibt es praktisch alles. Waschmittel. Seife. Speiseöl. Socken. Marmelade. Tomatenmark. Kekse. Kaugummi. Die Verständigung ist sehr gebrochen, aber er ist hinreissend. Über die Verkaufstheke werden Plastikstühle ins Innere des Bauchladens geschafft, dass ich platz nehmen kann. Als nächsten folgt ein Tisch. Er fragt ob ich Musik hören möchte, daraufhin wird die Musik angemacht. Dann kocht der Bruder einen Tee. Herrlich. Hier wird der Tee nicht mit Minze gemacht, sondern mit diesen ausgezeichnet gut riechenden Kraut, das der alte Mann, den ich zuvor mitgenommen habe gepflückt hat. Ausserdem bekomme ich Brot, Olivenöl und Vacaqueri Käse. Auch zwei nachbarn gesellen sich dazu, so dass die Gläser gar nicht reichen. Ach wenn ich doch wenigstens mehr Französisch könnte. Ich werde gefragt ob ich Hunger habe und eingeladen bei der Familie zu übernachten, was ich freundlich ablehne und erkläre, dass ich doch heute noch nach Marrakesh wolle und auch langsam los müsse. Und dann kommt wie im Reiseführer erläutert das Austauschen der Adresse. Ja klar schreibe ich ihm meine Adresse auf, und meine Telefonnummer, auch wenn die gemeinsame Kommunikationssprache fehlt. Und natürlich bitte ich ihn im Gegenzug mir seine Adresse aufzuschreiben und da wird’s richtig interessant. Denn ich kann keine arabische Adresse aufschreiben, das hört sich alles wie ein Zungenbrecher an. Und ich kann auch kein arabisch lesen. Und er kann keine nichtarabischen Buchstaben schreiben. So kommt ein Nachbar zuhilfe, der mir dann Lautschrift mäßig den Namen von Adbssiim uns seine Adresse aufschreibt. Wenn Bayern wieder gegen Barca spielt, dann telefonieren wir. Klar, wir können uns mit Zeichensprache kaum unterhalten, das wird bestimmt ein gesprächiges Telefonat, aber warum nicht. Ich will mich eigentlich shon auf den Weg machen, da schaut auf einmal Kurt über die Theke in das Geschäft rein. Ich kanns zuerst gar nicht glauben. Die Welt ist echt ein Dorf. Und schon sitzt er mit im Geschäft, trinkt auch Tee und quatscht fröhlich in gebrochenem Französisch drauflos. Tatjana wartet im Auto und freue mich sie zu sehen und hole sie auch ins Geschäft. Tatjana will weiter nach Marrakesh und mit Kurt ist plötzlich Party angesagt. Er schafft es ruckzuck die zuvor äußerst höflich Konversation dahin zu bringen wer mich heiraten will, und wieviel Kamele sie denn für mich zahlen. Spätestens jetzt ist 100%ig klar, dass ich noch heute weiter fahre. Es gibt noch eine ganze Serie Erinnerungsfotos im Geschäft und vornedraußen und dann breche ich mit Kurt und Tatjana auf um noch am selben Tag Marrakesh zu erreichen. Es ist schon dunkel als wir nach einigen Kreisen um Marrakesh und nachdem meine Blase fast platzt auf einem Luxus Camping etwas außerhalb mit Pool und Wifi einlaufen. Endlich Wifi. Aber es ist windig und ich friere. Mehr als die halbe Nacht verbringe ich online im leeren Restaurant des Camping und lade Bilder hoch. Eine Weile leistet mir Kurt Gesellschaft. Ich muss doch dem Weltbild mancher Leute in Marokko gebe es kein Internet was entgegensetzen.

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